Nachrichten an den Tag

In «Nachrichten an den Tag» (News To The Day) the artist Andreas Hagenbach has concieved an installation that brings up how we constructing the memories of wartime. He does that in the contemporary use of photography – using a video beamer, an overhead projector, a slide projector, a monitor, collected historical photographs and postcards. Through a speaker we hear texts from an audio track linking all the pieces together. The presention of the works is part of his work as well.

Placed centrally in the installation space the slide caroussel projector throws inverted black and white photographs of war cemetries in Nothern France. As inverted photographs a haunting scenery is displayed
– what would be naturally white is black, bright parts are obscure. The projected images are in fact black and white negatives. On the changes of the image a click is heard, a noise remembering a weapon's manipulation.

The add for a battlefield tour dates from 1921, Andreas Hagenbach has found it in the archives of the newspaper Basler Nachrichten. It is advertised as a promotion tour to convey an impression of the dreads and horrors on the French battlefields. The blood-curling impression comes across even today. The add is enlarged through the overhead projector – like the add it dates from a past and becomes part of the art work. The reproduction of the add establishes a space in which history, art and media theory, and sociological thoughts project the past into the present times.

Over the way we see a video in which a figure raises its arms. Looking longer at it we recognize Jesus figure. The artist has found it in Karl Kraus' publication Die Fackel and located the exact position through Google street view. The cruzified Jesus has gone lost of its cross, reports say it was lost in the first days of the war in 1914. In this video the posture of the cruzified is all changed, without cross we may think of a politician in victory pose. The projection on the bare wall with its rough structure renders the figure out of time.

The Christmas tree in the light box has something forgiving. Such trees were sent to the front in 1914: «Eilige Feldpost, Weihnachten 1914.» Andreas Hagenbach found it in a little museum in Germany as he was searching for obejcts linking to the famous Christmas Truce. In each little box every soldier could find concealment, as if peace could be sent in a little box around the world.

Andreas Hagenbach puts with «Nachrichten an den Tag» a carefully crafted display in the exhibition space: He provokes the visitor's discussion and reflection. All the parts fit well together and still are not at once overseeable. The exhibition space is dark and damp, brute and not all cosy. The writer finds herself in an intensive art work. Looking at the photographs she feels cold, but at the same the play of the light fascinates. The horrors of wars: today, 101 years after the beginning of the First Worldwar refer to ones that are conducted in our times.

Susanne König

Rezension: Tagblatt Online: 25. November 2015, 02:35 Uhr

Harmonie, Irritation und die Ehre Zeugnisse der Weltkriege

Hinab ins Tiefparterre. Kaum je hat das dunkle, niedere Untergeschoss besser gepasst als zu Andreas Hagenbachs «Nachrichten an den Tag» – wie ein Bunker oder eine Krypta wirkt der karge Raum. Da wirft ein alter Overhead-Projektor ein Angebot der Basler Nachrichten an die Wand: «Schlachtfelder- Rundfahrten im Auto!» 1921 war das, nach Verdun ging das Abenteuer, 117 Franken kostete es. «Schon Karl Kraus hatte sich über solche Geschmacklosigkeiten echauffiert», sagt der 1964 in Basel geborene Künstler. Seine Installation wirkt wie eine Hommage an Kraus' «Letzte Tage der Menschheit». Hagenbach hat im Elsass endlose Grabfelder fotografiert und projiziert die als Dias gerahmten Schwarzweissnegative Rücken an Rücken an zwei Leinwände, was die gespenstische, surreale Inszenierung des Heldenhaften in den «Gärten der Ehre» noch verstärkt. Die Tonspur vereint drei Quellen: preussisches Zensurhandbuch, Interviews mit betagten Zeitzeugen, im Flüsterton gelesene Tagebucheinträge des jüdischen Philologen Victor Klemperer. «Ehre?», fragt Hagenbach rhetorisch. «Im Krieg war das Zivile ausser Kraft gesetzt.»

Christus ohne Kreuz

Nirgends wirkt Hagenbachs Environment schwer, er lässt die Zeugnisse für sich sprechen. Und lässt dem Betrachter Raum zur Reflexion. Hier ein Lichtpult: «Eilig! Weihnachtsbaum» steht am Boden der Feldpost-Schachtel, daneben das für den kurzen Waffenstillstand 1914 gedachte faltbare Bäumchen. Von den 15 000 sind zwei erhalten geblieben, eines liegt in einem Stadtmuseum in Oberbayern.

Da ein Video. Die Kamera umkreist eine Figur mit emporgereckten Armen, schwenkt zur Strasse, an der sie steht, zu den Stromleitungen am Himmel. Der Christus ohne Kreuz steht in Buhl- Lorraine, wo 1914 die Schlacht von Saarburg war. Gefunden hat ihn Hagenbach zufällig mit Google Street-View.

Dort zwei Tische. Auf ihnen hat der Künstler Fotografien aus der Kriegszeit ausgebreitet, die er auf Ebay fand. Individueller Tod statt Schlachtfeld, Poesie statt historische Aufarbeitung.

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Rezension: http://www.thurgaukultur.ch//magazin/2064

Kreuz an Kreuz - Andreas Hagenbach im Tiefparterre

Kontrastprogramm wartet eine Etage tiefer. Andreas Hagenbach hat sich im Elsass auf Spurensuche gemacht und nimmt den Ausstellungsbesucher mit auf eine Zeitreise zu den Gräbern und Mahnmalen des Ersten Weltkriegs. Das Tiefparterre mit seiner niedrigen Deckenhöhle bietet den optimalen Raum für die beklemmende Installation. Man fühlt sich an einen Luftschutzkeller oder eine Krypta erinnert. Videoarbeiten, Diaprojektionen, Hörinstallationen und historische Fotografien verbinden sich zu einem eindrucksvollen Gesamtkunstwerk. Kreuz an Kreuz reiht sich auf einem Soldatenfriedhof aneinander. Endlose Reihen. Der 1964 in Basel geborene Künstler zeigt die Bilder als Fotonegative, was die Szenerie noch unheimlicher und gespenstischer wirken lässt. Makaber wirkt dagegen ein gross an die Wand projizierter Ausschnitt einer Anzeige aus einer Basler Tageszeitung. Eine „Schlachtfelder Rundfahrt im Auto“ wird angeboten, zum einmaligen Preis von 117 Franken, warten „unvergessliche Eindrücke“. Mittagessen und Trinkgelder sind inbegriffen. Der erste Weltkrieg wird als Abenteuerausflug vermarktet.

Ein erschütterndes Zeitzeugnis

Hagenbach prangert mit seiner intensiven Installation die Sinnlosigkeit des Krieges an. Und er wundert sich über den damals vorherrschenden Begriff der Ehre, der uns heute mehr als fragwürdig vorkommt. Winzig klein ist das vielleicht ausdrucksstärkte Bild dieser Ausstellung. Es zeigt eine Christusskulptur, die auf einem Gefallenenfriedhof steht. Das Kruzifix ist irgendwann einmal zerstört worden. Nun scheint es, als habe Christus die Arme erhoben, um sich zu ergeben.